Freitag, 8. April 2016

Cape Epic 2016

Facts:

Cape Epic
654km / 15000hm
13.-20. März 2016
Pedros Zeit: 35 Stunden 57 Minuten 53 Sekunden
Platzierung AK: 11

Film : Cape Epic Route

Feeling, Vorbereitung, Erwartung:
Eigentlich hatte ich gar nicht vor, das Rennen ein zweites Mal zu fahren, aber dann wurde ich eineinhalb Monate vor dem Rennen ganz unerwartet dazu eingeladen. Ich sagte zu und traf alle nötigen Vorbereitungen im Hinblick auf meine Familie, meine Arbeit, Training, Ernährung, Equipment, mögliches Sponsoring und die Logistik.

Einige positive Umstände halfen mir, all das möglich zu machen – mein Trainingsplan, der bereits von Dirk Schmidt/Multisport-Center erstellt worden war, und das Sponsoring von Simplon, durch das ich mir rechtzeitig vor dem Rennen einen brandneuen Cirex-Rahmen kaufen konnte. Leider war ich während der letzten beiden Wochen vor dem Rennen krank und es war auch bei der Arbeit und zu Hause extrem viel los.

Die Reise nach Südafrika bestand aus 5 Etappen: Von zu Hause ging es nach Ludwigsburg, dann nach Stuttgart, Frankfurt, Dubai und schließlich Cape Town. Das dauerte einen ganzen Tag, aber es verlief alles ohne größere Probleme.


Vor dem Rennen machten wir eine kurze Ausfahrt auf der Prolog-Stecke (Meerendal). Das war eine gute Einstimmung für Körper und Geist auf das 8-tägige Rennen.




PROLOG – 26km / 700hm

Auf der Strecke, die wir bereits von 2013 kannten, konnten wir ein gutes Tempo fahren und auf dem ersten Anstieg einige Plätze gutmachen. Alles lief gut, bis wir glaubten, dass am Rad meines Partners ein technischer Defekt aufgetreten sei. Aber was wir für eine gebrochene Speiche hielten, war tatsächlich nur das Kabel der Vorderbremse, die bei niedergedrückter Federgabel an den Speichen streifte. Dadurch waren wir gezwungen, die Abfahrten während der zweiten Hälfte des Prologs ein bisschen langsamer hinunterzufahren. Aber auf den Anstiegen gaben wir alles und flogen geradezu durch den letzten Abschnitt – Stairway to Heaven! – und gaben auf der genialen Abfahrt zurück nach Meerendal nochmals so richtig Gas und fuhren glücklich durchs Ziel.


STAGE 1 – 108km / 2300hm

Die erste Etappe ist traditionell sehr hart, sowohl im Hinblick auf dieses Rennen als auch auf meine Erfahrungen mit Rennen, die eine ganze Woche lang gehen. Wir hatten einen starken Start und fühlten uns bis zur zweiten Verpflegungsstelle (water point) wirklich gut, aber dann fing leider mein Magen an zu rumoren. Das Gelände war sehr holprig und staubig, geradezu wüstenartig, dazu war es sehr heiß und vielleicht waren auch meine Ernährung und mein Flüssigkeitshaushalt nicht optimal. Das war ein kritischer Punkt auf dieser Etappe. Ich schaffte es, mich durch die ersten 50km zu kämpfen, die mir aber wie 100km vorkamen, und gelangte schließlich ins Ziel, jedoch immer mit dem Gedanken, dass ich meinen Körper über seine Grenzen hinaus beansprucht hatte und später am Tag noch würde dafür büßen müssen. (Ich erinnerte mich an das letzte Mal, wo ich dehydriert im Krankenhaus landete.)


Einige Zeit nach der Zieleinfahrt merkte ich, dass sich meine Befürchtungen bewahrheiteten – mir wurde schwindlig und mein Magen revoltierte. Ich ging zum medizinischen Stützpunkt, um mir einen „Wundersaft“ zu holen und tat mein Bestes, um schnell wieder fit zu werden. Ich zwang mich richtig zu essen und zu trinken und meine Reserven an Salz, Natrium, Protein, Zucker und Koffein usw. wieder aufzufüllen und versuchte, mich auszuruhen. Nach dem Abendessen beschloss ich schlafen zu gehen und nahm mir vor, sollte ich mich am nächsten Morgen immer noch schlecht fühlen, zum medizinischen Stützpunkt zu gehen. Aber das tat ich nicht.

STAGE 2 – 93km / 2200hm

Es gibt nichts Besseres, als eine heiße, lange und vorhersehbarerweise harte Etappe mit einem 10km langen technisch schwierigen, an manchen Stellen fast unfahrbaren Singletrail zu beginnen. Es war ebenso schmerzhaft wie erstaunlich, wie wir das schafften. Aber das war erst der Anfang eines langen Tages. Die Strecke führte durch eine atemberaubende Landschaft mit langen teils felsigen, teils sandigen Abschnitten, auf denen wir nur kleine Gruppen von anderen Fahrern sahen. Aufgrund der Geländebeschaffenheit fuhren wir kein allzu hohes Tempo, aber dennoch konnten wir uns nicht ausruhen. Vor der zweiten Verpflegungsstation wechselte die Landschaft und wir fuhren auf schönen Singletrails, die durch riesige Felsen und schließlich ein Pinienwäldchen führten. Als wir an der zweiten Verpflegungsstation ankamen, waren wir wie durchgebraten! Es war sehr heiß und die Strecke hatte bisher kaum Schatten geboten. Es war sehr hart, aber mein Magen beruhigte sich und auch meine Ernährung sowie die Flüssigkeitszufuhr verliefen nach Plan. Der letzte Abschnitt nach einem 15km langen felsigen Anstieg mündete auf denselben unglaublichen Singletrack mit Serpentinen, den wir zu Anfang erklommen hatten. Ich dachte nur noch: „Wie sind wir hier nur raufgekommen?“ Die Abahrt war technisch sehr anspruchsvoll, aber dank meinem Simplon Cirex machte sie auch viel Spaß! Ja!

Wie gewöhnlich fuhren wir die letzten 10km auf Zeit. Nach einem weiteren harten Tag in der Hitze fuhren wir in guter Verfassung ins Ziel.


STAGE 3 – 104km / 2150hm

Das sollte ein weiterer langer Tag mit hohen Temperaturen und sehr langen, steilen Anstiegen werden. Wir starteten sehr schnell auf der Ebene. Der Spaß begann mit einem sehr steilen und technisch anspruchsvollen Anstieg voller loser Steine und Sand. Ich sah, wie ein Fahrer vor ganz langsam auf die Seite viel und sich vermutlich das Handgelenk brach, als er auf den Boden prallte. Das war nur einer von vielen verletzten Fahrern, an denen ich vorbeikam. Sie taten mir wirklich leid. Aber das Rennen ging weiter, und diese Etappe war wirklich denkwürdig. Auf dem 17km langen asphaltierten Anstieg bei Bain’s Kloof wehte eine sanfte Brise. Wir fuhren in einer kleinen Gruppe von 4 Teams und hatten streckenweise Rückenwind, wo wir (bergauf!) über 30km/h fuhren, aber trotzdem war es sehr heiß, und bei dem Tempo hatte ich ständig das Gefühl, mich übergeben zu müssen, aber ich schaffte es. Als Nächstes kam ein schnelles Gefälle und dann ging es auf dem längsten Singletrail, den ich je in Südafrika gefahren bin, wieder bergauf.

Es machte total Spaß, so viele Singletrails zu fahren, dass es uns ganz einfach vorkam und wir mit unserem gewohnten hohen Tempo durchs Ziel fuhren. Den Tag über hatte ich immer noch gemischte Gefühle, aber mein Magen hatte sich ein wenig beruhigt und ich hatte gute Beine, und so fügte sich langsam alles zum Guten.


STAGE 4 – 75km / 1850hm

Dann folgte ein Erholungstag – eine „einfache“ Strecke vor der morgigen Königsetappe. Ich glaube, manche Teams planten tatsächlich, die Erholung wörtlich zu nehmen, aber unser Plan beinhaltete nur , immer so schnell und hart wie möglich zu fahren. Es war ein großartiger Tag – es gab keine Probleme mit der Ernährung oder der Flüssigkeitszufuhr und ich hatte sehr gute Beine. Ich hatte einen kleinen Zusammenstoß und eine kleine Auseinandersetzung mit einem Baum, der mir nicht aus dem Weg gehen wollte, aber das waren nur Kleinigkeiten. Es war eine harte, aber tolle Fahrt mit vielen Singletrails, die total Spaß machten. Dennoch fragten wir uns, ob wir zu viel Gas gegeben hatten, denn der nächste Tag würde sehr schmerzhaft werden.

STAGE 5 – 93km / 2500hm


Heute mussten wir für die Anstrengungen von gestern bezahlen … Wir hielten an unserem Plan fest, vom Start an so schnell wie möglich zu fahren. Das führte dazu, dass wir mit einigen sehr starken Teams zusammen fuhren und auch auf den enormen Anstiegen ein hohes Tempo beibehielten. Die Strecke führte durch eine traumhafte Landschaft und geniale Singletrails. Ich war begeistert! Das war bis jetzt der beste Tag. Ich war auch auf den langen Hügeln stark und hatte immer noch Reserven. Das Gelände war wie üblich technisch herausfordernd mit vielen Singletrails, Abschnitten und losen Steinen und sehr schnellen, gefährlichen Downhills. Es lief alles gut bis 20km vor dem Ziel, wo wir kurz anhalten mussten, weil eines meiner Cleats sich gelockert hatte. Eine Minute später waren wir wieder auf dem Sattel, aber weitere 5km später verlor ich die Cleat-Schraube und konnte mich nicht mehr einklicken. Wir beschlossen eben so ins Ziel zu fahren. Dann hatten wir das einzige technische Problem während des ganzen Rennens – ein Loch in meinem Reifen. 3km vor dem Ziel hatte sich bei der Überquerung einer Zementbrücke eine Schraube in meinem Hinterreifen gebohrt. In höchst effizienter Teamarbeit zogen wir die Schraube heraus und in null Komma nichts war der Reifen geflickt. Als wir ihn mit einer CO²-Kartusche aufpumpen wollten, merkten wir, dass das Ventil undicht war – die Schraube hatte das Felgenband beschädigt! Innerhalb von 2 Minuten zogen wir einen Schlauch in den Reifen und pumpten ihn auf. Währenddessen fuhren etwa 10 Teams an uns vorbei, aber auf den letzten Metern ins Ziel gaben wir nochmals richtig Gas und versuchten alles, um ein bisschen von der verlorenen Zeit wieder gutzumachen. Es war alles gut, wir hatten einen wirklich großartigen Tag! Wunderbar!



STAGE 6 – 69km / 2100hm

Jetzt konnte ich schließlich anfangen, an die Ziellinie in Meerendal zu denken. Es war ein sehr harter Tag ohne ebene Strecken, auf denen man sich erholen konnte. Entweder fuhren wir hechelnd steile Anstiege hinauf oder rasten verzwickte Singletrails oder schnelle, gefährliche und steinige Abhänge hinunter. Irgendwie fühlten sich meine Beine an diesem Tag nicht gut an, aber vielleicht waren sie einfach ausgepowert. Es ist fast unmöglich, die Cape Epic ohne eine einzige technische Panne zu fahren. So war heute für einige andere Teams, die wir gerade eingeholt hatten, kein besonders guter Tag, weil sie 3km vor dem Ziel einen Platten hatten. Wir viele andere wunderte ich mich auf dieser Etappe, dass unsere Räder nicht längst zusammengebrochen waren. Es sind unglaublich effiziente Räder, die wir heute fahren! Ich habe mein Simplon Cirex auf der ganzen Strecke geliebt. Ohne dieses Bike hätte ich nie so schnell fahren können. Ich kann immer noch nicht glauben, wie gut dieser Tag lief.

STAGE 7 – 86km / 1200hm

Der Tag der Tage. Der letzte Abschnitt eines unvergesslichen Abenteuers. Die Erwartung einer flacheren, schnelleren Strecke bestätigte sich. Nach den ersten Hügeln formten sich einige große Gruppen. Dennoch fuhren alle ein hohes Tempo, und da die Top-Pro-Women-Teams Spielchen spielten und sich gegenseitig kontrollierten, schlossen wir auf und gaben von da an das Tempo an. Bei der zweiten Verpflegungsstelle mussten wir anhalten und eine Gruppe von Master’s Teams ziehen lassen. Zu diesem Zeitpunkt fuhren wir mit den Spitzenteams der Frauen und sahen „unsere“ Gruppe davonfahren. Also legten wir einen Zahn zu. Wir ließen sie hinter uns und versuchten auf einem kurzen Anstieg die Gruppe, die uns davongefahren war, wieder einzuholen. Es war unglaublich anstrengend und ich litt wie nie zuvor, aber schließlich führten wir eine Gruppe von 3 Teams an und steigerten unsere Wattzahl, um die Lücke zu schließen. Nach etwa 5km auf der roten Linie schlossen wir auf einem kurzen Downhill, der zur 3. Verpflegungsstation führte, auf. Von diesem Zeitpunkt an erlebte ich eine neue Dimension von Schmerzen. Die letzten 15km beinhalteten einige steile Anstiege, und meine Beine brannten vom Fahren im ersten Gang. Als wir den zweitletzten Anstieg erreichten, holten uns die führenden Frauenteams (Specialized und Sport for Good) ein und über uns kreisten Helikopter, die uns ziemlich stressten, weil sie großen Lärm und Wind machten. Kurz darauf wurden wir vom nächsten Pro-Team (3. Frauenteam – Topeak Ergon) eingeholt und waren bereit für eine zweite Fahrt auf dem „Stairway to Heaven“. Ich war total leer! Ich hatte nichts mehr als den unumstößlichen Willen, es bis ins Ziel zu schaffen. Tief in meinem Herzen und meinem Körper fand ich die Kraft und kämpfte mich so schnell ich konnte den Anstieg hoch und fuhr dann durch die letzten Abwärts-Singletrails. Kurz vor der Ziellinie überholten wir noch das drittplatzierte Pro-Women-Team, aber was noch viel wichtiger ist, wir genossen diese letzten Meter des besten Rennens meines Lebens unendlich. Ein Traum wurde wahr!

Resumée / sonstiges:
Ich bin unendlich dankbar für all die Unterstützung, die ich bekommen habe. Danke an die Teamsponsoren (insbesondere Simplon und BikePoint in Asperg – Rainer und seine Mechaniker), meine CSV-MTB-Teamkollegen (Dieter, danke), meine Freunde von OrphansAfrica MTB-Team (Nuno, ein großartiger Mann, Freund und Rennpartner – unvergesslich!), alle, die das Rennen online verfolgt haben, meine Freunde und die Bike-/Adventure-Tour-Organisatoren in Südafrika (Familie Van Aardt – danke! Ich bin sehr dankbar für alles, was ihr für mich getan habt), unser Massage-Serviceteam (Olivia, Caitlin und Jody) und vor allem meiner Familie, die mich und meine verrückten Abenteuer erträgt.

P. S. Als ich auf der Finisherwand im Ziel unterschrieben habe, dachte ich: „Nie wieder!“, aber jetzt könnte ich mir vorstellen, das alles nochmals zu machen …!

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